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CSD in Frankfurt am Main
© Bild: Maik Brückner

„You gotta fight for your right to Party“

Artikel von Friederike Suckert

Die Pride-Saison hat begonnen! Für viele Queers sind es die schönsten Monate des Jahres. Rein in die Regenbogenflaggen-Klamotte, Glitzer ins Gesicht und los geht’s. Im Jahr 2024 gab es in Deutschland so viele CSDs und Pride-Paraden wie noch nie. Ein Lichtblick und ein solidarisches Zeichen im immer brauner werdenden Deutschland.

Mit dem Beharren auf demokratische Rechte für alle kommen aber auch immer die, die sie nicht (mehr) wollen. In Bautzen haben 700 Neonazis gegen den CSD mit 1000 Besucher*innen „demonstriert“, was in diesem Falle Hetzjagden und das Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole bedeutet. Ein Schock. Eine Woche später sind in Leipzig die protestierenden Neonazis nicht mal aus dem Hauptbahnhof rausgekommen. Wo in Deutschland die faschistische Bevölkerung gegen queeren Pride hetzt, etabliert sich der Hass im Nachbarland nun sogar ins politische Handeln: CSDs in Ungarn sind nun ganz verboten.

Mit diesen bitter-süßen Nachrichten im Hinterkopf sollte es nun also am 26. April 2025 im sächsisch-anhaltischen Schönebeck mit rund 400 bunten Menschen losgehen. Immerhin schon der dritte CSD, der dort stattfindet, worauf man auch stolz ist. Doch die Veranstaltung wurde vorzeitig abgebrochen, da sie angeblich nicht politisch genug und zu schlecht von der ehrenamtlichen Security geschützt sei.

Die Meinungen über die Maßnahmen gehen weit auseinander. Der Veranstalter Falko Jentsch beschwert sich über fehlende Kommunikation mit dem Amt, der Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) weist jeglichen Vorwurf der Repression von sich. Das Ganze zog eine Fachaufsichtsbeschwerde und eine Strafanzeige gegen Mitarbeitende der Stadt mit sich. Bündnis 90/Die Grünen stellten eine kleine Anfrage über die Geschehnisse im Landtag.

Die deutsche Bürokratie ist ermüdend. Solche Ereignisse geben das unwohle Gefühl, dass ein Pride abgesagt werden kann – wenn es einer Regierung nicht passt oder sie es zumindest nicht als so wichtig erachtet, alles haargenau abzusprechen, damit nichts schiefgeht.

Ohne Kohle keine Party

Den größten und kommerziellsten CSDs Deutschlands wurde auch der Wind aus den progressiven Pride-Flaggen genommen: Es fehlen Unsummen an Sponsoring-Geldern. Die Inflation schnürt die Spendierhosen ab und US-amerikanische Firmen dürfen dank der Fascho-Orange Donald Trump und seinem südafrikanischem Minion Elon Musk kein Geld mehr für Diversitätsprogramme ausgeben. München, Köln und Berlin werden ordentlich entschlacken müssen, denn die Kosten für Sanitäranlagen, Personal usw. steigen ja weiterhin. Es werden Spenden benötigt.

Berliner CSD zu kommerziell

Der Berliner CSD ist vielen aus der LSBTIQA+ Community zu kommerziell. Für das Pinkwashing von der Bundeswehr und großen Ausbeuterfirmen, aber auch Parteien wie die CDU sind sich viele zu schade. Auch weiß man manchmal nicht, ob nicht eigentlich vor allem cisheteros grad die Party ihres Lebens feiern, weil es mit ‘den Schwulen’ ja immer so entspannt ist. Trotzdem dürfen wir nicht vergessen, dass die gesponserten Summen auch in die Community zurückgehen. Sei es als Moderator*innen, Performer*innen oder in Form des Stonewall Awards. 

Stonewall was a riot.

Wie ungerecht und schmerzhaft es auch ist, dass der Faschismus uns wieder auf die Barrikaden zwingt, es muss jetzt sein. Auf der Erinnerungs-Homepage für das „Stonewall Inn“ wurden das T und Q aus LGBTQ entfernt. So sollen trans und queere Identitäten ausgelöscht werden. Das betrifft vor allem die großen Drei des Aufstands: Marsha P. Johnson, Silvia Rivera und Stormé DeLarverie. Schon in ihrem Sinne dürfen wir uns nicht einschüchtern lassen. Zumal kein Mensch sich der Illusion hingeben sollte, dass Faschist*innen nicht mit Repressionen von Schwulen und Lesben* weitermachen würden.

Also, schmier dir neben den Regenbogenfarben vielleicht auch noch etwas kämpferische Tarnfarbe ins Gesicht und unterstütze auch die kleinen CSDs. Zeig dich solidarisch, vor allem mit den ostdeutschen Demokrat*innen, die in ihren Regionen trotz Bedrohungen von Rechts, beharrlich antifaschistischen Widerstand leisten. Vielleicht schaffen wir es ja sogar bis nach Ungarn?

Es lohnt sich, optimistisch zu bleiben. All diese verbitterten, hasserfüllten alten Männer werden nicht nur irgendwann sterben, nein, auch ihre kleingeistigen Ideen werden. Polen hat zum Beispiel gerade die letzte „LGBTIQ“ frei Zone abgeschafft.
Mit einer demokratisch gewählten Regierung.