Berlins Leinwandlegende Lothar Lambert ist zum 80. Geburtstag derzeit eine mehrmonatige Restrospektive in fünf Kinos gewidmet. Erst vergangenen Winter erhielt er den Ehren-Teddy für sein Lebenswerk auf der Berlinale, nachdem er bereits 17 Filme auf dem Filmfestival vorstellen durfte im Laufe seiner berüchtigten Karriere. Während die Kinoreihe noch bis zum 1. September den Underground-Pionier feiert, sprach Frank Siegfried Schoppmeier für PINKDOT mit dem Filmemacher im Berliner Kinomuseum in Kreuzberg am 3. August 2024.
Lieber Lothar, wie kommt es, dass du ein Leben lang dem Undergroundkino treu geblieben bist?
Filmen war und ist eine private Leidenschaft für mich, auch wenn ich mal mit einem professionellen Aufstieg geliebäugelt habe. Also meine kleinen, billigen Filme sozusagen als Talentprobe für größere Aufgaben verstanden wissen wollte... aber das hat nicht so richtig geklappt. Doch ich habe mich nicht frustrieren lassen, sondern bin kreativ geblieben und habe einfach weiter gemacht. Als Brotjob schrieb ich ja immer Film- und Fernsehkritiken für fast alle Berliner Zeitungen, darunter auch mit diversen Pseudonymen. Ein paar Ausflüge ins konventionellere Kino kamen zwar vor, das lag aber an geneigten Produzenten, die Kontakt zu Fernsehsendern hatten, sodass zum Beispiel bei NDR oder 3sat nicht nur Geld für Neuproduktionen da waren, sondern auch ganze Reihen mit meinen vorhandenen Streifen veranstaltet wurden. Aber letztlich blieb die Filmerei für mich ein mal teures, mal einträgliches Hobby.
Was spielt deine sexuelle Prägung als homosexueller Mann beim der Filmerei für eine Rolle?
Das ist für mich selber eher schwer einzuschätzen, meist erkläre ich das so: Ich bin kein schwuler Filmemacher, also mit Hauptgewicht auf Gleichberechtigungs-und Coming-out-Themen, sondern ein Filmemacher, der schwul ist und so durch eigene Lebenserfahrung und Interesse für das Milieu mit der entsprechenden Typologie oft queere Menschen ganz selbstverständlich auf die Leinwand bringe, ohne irgendwelche emanzipatorische Programmatik des sogenannten Schwulenfilm-Genres zu bedienen.
Die „Lambert-Familie“ erinnert an „Factory“ von Andy Warhol. War das Absicht?
Am Beginn meiner sogenannten Karriere musste das Undergroundkino werbemäßig ja irgendwie eingebettet werden. Da hieß es dann bei meinem Erstling EX UND HOPP, das sei mit seinen 5000-Mark-Budget (umgerechnet 10.000 €) der billigste Film aller Zeiten. Und ich selber nannte mich auch „Berlins Antwort auf Andy Warhol“. Weniger schmeichelhafte Vergleiche kamen dann von anderen, wie „Fassbinder für Arme“. Das mit der Family hat natürlich eine realistischere Grundlage, denn der harte oder auch weiche Kern von Freunden und Freundinnen war in Haupt- und Nebenrollen viele Jahre lang immer wieder dabei, und die Themen wurden oft von deren Charakteren und Lebensgeschichten geprägt, sodass immer wieder die Frage aufkam: Schauspielern die so gut, oder stellen sie sich nur selber dar? Ich würde sagen, die Mischung macht's.
Wie geht es dir damit, dass der Riesenhype um die Filme der Siebziger und Achtziger in Amerika und Frankreich, aber auch in Deutschland längst vorbei ist?
Ist vielleicht schade, aber für mich nicht besonders schlimm. Früher bin ich zum Beispiel auf dem Weg zur Disco an den langen Schlangen vom Kudamm-Kino vorbeigefahren und war da ein bisschen stolz, aber es hat keine größeren Gefühlsbewegungen in mir ausgelöst. Heute mit 80 Jahren habe ich sowieso andere Sorgen, als mich über die Vergänglichkeit von Ruhm und Ehre zu scheren. Klar freue ich mich, dass die alten Berlin-typischen Filme heute an dokumentarischem Wert gewonnen haben und immer noch Zuschauer mit ihrer speziellen Tragik oder Komik in den Band ziehen können. Aber wenn ich sie jetzt wieder sehe, herrscht bei mir eher Trauer vor über die vielen verstorbenen Weggefährten jeglichen Geschlechts, die keine späte Anerkennung mehr lebendig machen kann.
Du hast ja vor ein paar Jahren eigentlich gesagt, du hörst auf mit der Filmerei, es sei ja auch genug, und hast jetzt doch Interesse an Episodenfilmen gefunden. Da gibt es ja jetzt einen ganz neuen, ein weiterer ist schon in der Mache. Sind das so die Pläne für die nächsten Jahre?
Ich plane eigentlich gar nichts, aber das Leben besteht nun mal aus Episoden und meine Episoden werden filmisch und lebenstechnisch immer kürzer.
Wir werden das weiter beobachten. PINKDOT bedankt sich für das Gespräch.
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