Noch bevor Popsternchen Luca Wefes (ja, der aus The Voice of Germany) im Foyer des BKA-Theater ein mitternächtliches Kurzkonzert anstimmt, ist sein Publikum bereits verschwitzt, angetrunken und glücklich. Wenige Stunden zuvor wurden alle durchgeschüttelt von dem wilden Tunten-Ritt durch Grimms Märchenwelt, und dieses kleine Konzert ist ein Dankeschön des Sängers an die zwei anwesenden Komödianten – und das haben sie sich wahrlich verdient.
Unter der Regie von Matthias Mosbach präsentierten die Berliner Publikumslieblinge Roger Jahnke und Andreas Köhler auf der märchenhaften BKA-Bühne ihre Alter Egos „Rottscha“ und „Andi Buletten“: Zwei verzickte BBFs, die sich das Spotlight und den Applaus einander nicht gönnen und sich zur Freude ihres Publikums gegenseitig mit exaltierter Mimik und exzentrischer Körpersprache an die Wand spielen. Dass zudem bekannte Kinder- und Hausmärchen persifliert wurden, sorgte für unkontrollierbare Lach- und Schwächeanfälle in den vollen Rängen.
Dass das komödiantische Highlight der Saison vor dem bitterbösen Zynismus der Grimm-Klassiker nicht Halt macht, ist natürlich beabsichtigt. Nicht die armen Kinderlein und unschuldigen Prinzessinnen, die den bekannten Märchen ihre berühmten Titel gaben, stehen hier im Mittelpunkt – es sind die bösen Feen und eitlen Königinnen, die lustvoll aus Nebenschwaden hervortreten und ihr Recht auf Diva einfordern. Möglicherweise hatten Hänsel & Gretels Eltern ja einen Grund, ihre Kinder im Wald auszusetzen? Wie sah eigentlich die Lebenswirklichkeit von Aschenbrödels Stiefschwestern aus? Und wie sittsam-selbstlos waren Schneeweißchen und Rosenrot tatsächlich?
In der zweistündigen Show entflammen aber nicht nur Geist, Gemüt und Nostalgie. Während die Ohren mit Popmusik gefüllt werden, wandert das Auge über das explodierte Make-up des infermalen Duos und ihre mondänen Kostüme von Narciss & Goldfaden, die mit dem Bühnenbild verschmelzen. Dass der Premierenabend von geplatzten Hosen, lockeren Zahnprothesen und zerberstenden Bühnenbauten nicht unterbrochen wurde, sei den sattelfesten Schauspielern gedankt. Der Heiterkeit im Raum tat es zumindest keinen Abbruch.
Nach langem Applaus bewegte sich das Publikum ins Foyer oder zog dahin in die nächtliche Regenwärme. Was hatten sie da gesehen? Einen ganzen Abend randgefüllt mit tuntischem Humor, einem Plädoyer für Hedonismus und einer kalten Abfuhr an den Grimm’schen Moralismus, der uns mehr geprägt hat als gemeinhin angenommen. Vor allem aber war es die Erinnerung daran, dass wir Queers mal lustig waren, es lieben zu gackern und Politisches eine Option ist, die auch mal ausgespart werden darf.
Pink Grimm spielen noch bis 17. Juli 2024 im BKA-Theater.
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