Die Welt könnte morgen niederbrennen – oder in neuem Glanz erstrahlen. Doch eine Konstante bleibt: Lesben* streiten. Jede Generation wärmt alte Debatten auf. Das mag ermüdend sein, gehört aber irgendwie dazu. Auf einen Nenner werden wir wohl nie kommen.
Aktuell scheint es vor allem um eine Gruppe schlecht zu stehen: Butches. Zumindest, wenn man dem Internet, insbesondere US-amerikanischen Trends, Glauben schenkt. Die Rede ist von Masc Shortage, der Mangel an maskulin performenden Frauen*.
Man könnte meinen, es handle sich um einen Ausdruck kollektiver Sorge. Vielleicht, weil wir in einer reaktionären Ära leben und queere Identitäten wieder verstärkt unsichtbar gemacht werden. Das trifft sicher manchmal zu. Doch der Aufschrei hat einen anderen, deutlich problematischeren Kern.
Ruby, Kristen, und der Rest?
Denn: Die Butches sind da. Sie existieren. Aber viele queere Frauen* wollen nur eine ganz bestimmte Art davon sehen: idealerweise weiß, cis, androgyn, groß, schlank. Ruby Rose. Kristen Stewart. Vielleicht noch Lea DeLaria als Ausnahmeerscheinung. Schwarze maskuline Frauen*, die sich oft selbst als Studs bezeichnen – ein Begriff aus der Schwarzen Arbeiter*innenbewegung der 1960er – scheinen in dieser Trauer um die „verlorene Butch“ kaum mitzuzählen.
Ist das etwa Geschmack? Oder schon Rassismus?
„Ja, sorry, das ist halt mein Typ. Kann ich nichts für!“ – Klar, Geschmack ist individuell. Aber: Wir leben alle im Patriarchat. Und darin wirkt auch in queeren Communities der male gaze – die männliche Sicht auf Schönheit, Begehren und Wert. Deshalb spiegelt sich in dieser angeblich persönlichen Vorliebe oft internalisierter Rassismus und Ableismus. Dicke, nicht-weiße, ältere, behinderte, nicht-binäre oder trans maskuline Butches? Sie werden selten mitgedacht.
Wer darf sich überhaupt noch Lesbe nennen?
In die Diskussion mischt sich ein zweites, nicht minder explosives Thema: Wer darf sich eigentlich lesbisch* nennen? Definitionen sagen: Lesben* sind Frauen*, die Frauen* lieben. Doch Gender ist fluide. Was passiert, wenn deine Partner*in sich als trans Mann oder nicht-binär outet – und du die Person weiterhin liebst und begehrst? Bleibst du dann noch Lesbe? Und darfst du es überhaupt sein? Und was ist mit intersexuellen Butches? Mit trans Frauen, die lesbisch sind? Mit nicht-binären Lesben?
Das TERF-Problem
Die Antworten auf diese Fragen zeigen oft: Hier sprechen TERFs. Sie beklagen, dass frühere Butches heute trans Männer seien – als ob ihnen ein Dating-Pool abhanden gekommen wäre.
Dabei war Butch-Sein nie strikt binär. Es war immer ein Spiel mit Geschlechternormen. Manche Butches nutzen männliche Pronomen, sehen sich aber als cis Frauen. Warum? Weil soziale Geschlechterkategorien nicht „wahr“ sind – sie sind konstruiert.
Das L steht nicht zufällig vorn
Was aber wahr ist: der historische Kampf von Lesben* in der queeren Bewegung. Sie wurden von Schwulen oft abgelehnt und im Feminismus gern vergessen – doch sie haben die Community zusammengehalten. Während der AIDS-Krise pflegten sie Kranke, die sonst niemand sehen wollte. Um die Beiträge. Kämpfe und Perspektiven von Lesben sichtbar zu machen, steht das L zu Recht ganz vorn im Akronym. Sichtbarkeit ist politisch. Und wer sich heute als Lesbe* bezeichnet, tut das oft aus diesem Bewusstsein heraus. Ja – es gibt Lesben*, die mit Männern schlafen. Manche haben Crushes auf Männer. Das macht sie nicht weniger lesbisch. Identität ist kein moralischer Test. Der Butchmangel ist nicht real, sie haben halt vielleicht einfach nicht mehr nur Flanellhemden an.
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