Ihr habt ein phänomenales Konzert auf der Pop-Kultur Berlin gespielt und das Publikum sprühte nur so vor Energie - was macht das mit euch auf der Bühne?
Esra: Konzerte sind irgendwann so wie persönliche Gespräche, je mehr zugehört wird und man das Gefühl hat, dass man verstanden wird, desto mehr will man von sich aus erzählen. Konzerte sind eigentlich etwas sehr Privates, auch weil Musik normalerweise etwas Privates ist. Es gibt dann Leute, die ihr Privates teilen wollen und das ist auch ein Statement, glaube ich, was in der Musik so liegt. Vor allem im Rap schreibt man sehr viel Persönliches und das ist ja auch unsere Musik: Wir schreiben über unsere Wunden, über die Sachen, worüber wir lachen und weinen auch. Und je mehr man das Gefühl hat, das Publikum hört mir zu und versteht mich und gibt mir gute Energie, desto mehr öffnet man sich und fühlt sich freier. Und je freier man sich fühlt, desto mehr Spaß hat man auf der Bühne und ist authentischer.
Gibt es einen besonderen Entscheidungsprozess, wie ihr eure Tracks auswählt oder welche ihr besonders hervorhebt?
Enes: Es kommt natürlich auf die Veranstaltung an. Es gibt Veranstaltungen, wo das Publikum sehr laut ist, wie bei großen Konzerten, wo tausende Menschen sind, die sich oft untereinander unterhalten. Und da weiß man, da kommt man auf die Bühne und spielt die Tracks hintereinander. Und dann gibt es auch ein Publikum, das sich das wirklich einfach anschaut, als ob es ein Theaterstück wäre: Urleise, mit voller Konzentration. Dementsprechend organisieren wir unsere Sets. Aber natürlich ist es auch so, dass wir uns spontan entscheiden.
Und was habt ihr vom Berliner Publikum erwartet?
Esra: Also ich muss schon sagen, wenn ich in Berlin bin, bin ich immer aufgeregt, weil ich noch nicht so checken kann, was Berliner Humor ist. Bei uns geht es auch ganz viel um Humor. In Wien zum Beispiel findet man es mega süß, dass wir beide Geschwister sind und Musik machen. Und du weißt halt nicht, wie es in Deutschland ist. Ich habe auch ein bisschen Angst, wenn ich in Berlin bin, dass das zu sehr eine Partystadt ist und dadurch eine gewisse Tiefe fehlen würde. Aber jedes Mal klappt es sehr gut und es leben richtig viele tiefgründige Menschen in Berlin, die uns danach feiern und auch persönlich dann ansprechen oder uns schreiben. Ich glaube, Berlin ist viel mehr, als man es von Berlin weiß.
Gibt es eher traditionell eingestellte Menschen, auf die ihr bei euren Konzerten trefft?
Esra: Ja voll, unsere Community ist voll interessant: als ich 18 war wurde zu mir gesagt, dass Enes ja weitermachen kann, aber ich besser heiraten und Kinder kriegen sollte, weil ich bin ja eine Frau. Was soll das?! Erst als ich begonnen habe, an der Akademie zu studieren und ins Fernsehen kam, habe ich Anerkennung bekommen, auch von der türkischen und arabischen Community.
Wie glaubt ihr, sieht die Zukunft des Hip Hop und Rap aus und welche Rolle spielt ihr dabei?
Esra: Ich möchte nicht sagen, dass ich ein Vorbild bin, aber ich war die Erste in der Familie, die maturiert und danach studiert hat. Für meine Verwandschaft war ich ein Vorbild. Und ich glaube, genau das geht auch bei Rap. Wenn andere Frauen es schaffen, denkt man sich viel leichter, dass wir das auch schaffen können. Und wenn andere Queers das schaffen, dann können wir es auch schaffen. Ich glaube, dass man von einer Frau erwartet, dass sie sich durch die männerdominierte Welt kämpft, doch ich finde es besser, die Wege zu öffnen.
Danke für das coole Interview!
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