© Bild: Isabel Spantzel

„Neuroplasticity“ von Miegraine

Das Multitalent Miegraine bekam spät und überraschend die Diagnose ADHS. Wie geht man als Erwachsener mit diesem Befund um? Der autodidaktische Musiker begann mit Selbstreflektion, während sein beeindruckendes Debütalbum „Neuroplasticity" entstand. Ebenso wie Gedankenstränge oft unterbrochen sind, so sind die zehn neuen Tracks mit verzerrenden Autotune-Vocals, Trap-Beats und Synthies durchsetzt.

Mit „intro“ breiten sich die ambivalenten Gefühlslandschaften aus, die mit leichten Melodien und düster ahnenden Klängen das Thema des jungen Musikers definieren. So werden die popballadigen Pianoklänge in „simulation“ immer wieder von fernen Gesangsfetzen und Rissen in der Matrix gestört. Auch die tanzbaren Synth-Tunes von „I don't wanna be like this anymore“ lassen keinen Zweifel daran, dass progressiver Pop hier nicht trotz Widersprüchen entsteht, sondern wegen ihnen: die Tracks pendeln kongenial zwischen Agonie und Aufbruch. Neurodiversität ist ein ganz schönes Brett, und in all ihren Farben schillert das gesamte Album. Nach der Diagnose folgt Befreiung, denn bislang unerklärliche Verhaltensmuster werden endlich gerahmt und in Kunst verwandelt.

Mit seinem frisch gegründetem Label ADHD will Miegraine eine Sichtbarkeit für diese Themen schaffen. Aber es ist auch für unsere Gesellschaft endlich Zeit, inklusiver und in neuen Strukturen zu denken, um Raum zu schaffen für mentale Gesundheit. Dafür bietet dieses Album den richtigen Einstieg zum Verständnis.

PINKDOT freut sich, queere Verletzlichkeit zu feiern.